Seit dem Jahr 2000 baut Deutschland immer mehr erneuerbare Energiequellen aus und konventionelle Kraftwerke werden Schritt für Schritt vom Netz genommen. Wie wir wissen, unterliegen die regenerativen Energiequellen witterungsbedingt Schwankungen. Wie wurde das bis jetzt gelöst?
Diese Schwankungen werden bis jetzt dadurch kompensiert, dass Deutschland sich den Luxus leistet, die Kraftwerke doppelt zu haben. Auf der einen Seite die regenerativen Energiequellen wie Wind- und PV-Anlagen und auf der anderen Seite die konventionellen Kraftwerke.
Geregelt wurde das so, dass der 'grün' produzierte Strom Vorrang hat und immer dann in das Netz eingespeist wird, wenn dieser vorhanden ist. Also wenn aufgrund des Wetters Strom über Wind- oder/und PV-Anlagen erzeugt werden kann.
Sind jedoch die regenerativen Quellen nicht in der Lage den notwendigen Strom in das Netz einzuspeisen, da Aufgrund von Windflauten oder wenig Sonne das eben nicht möglich ist, dann müssen die konventionellen Kraftwerke wie Kohle-, Gas- oder Ölkraftwerke einspringen und den fehlenden Strom in das Netz einspeisen.
Es dienen somit die konventionellen Kraftwerke nicht nur als Kraftwerke sondern auch als Speicher, denn mit diesen Kraftwerken kann die in den fossilen Brennstoffen gespeicherte Energie zum gewünschten Zeitpunkt umgewandelt und in das Netz eingespeist werden.
Da die regenerativen Energiequellen wetterabhängig sind, können sie dafür nicht oder nur bedingt eingesetzt werden. Doch schauen wir uns da einmal in der Praxis für den November 2021 an:
Schauen wir uns die obige Grafik genauer an. Wir sehen die rote Linie, welche den Stromverbrauch darstellt. Dann fällt wieder die blaue Fläche - die durch Windkraftanlagen produzierte Strommenge auf. Doch diese unterliegt sehr großen Schwankungen, während der Stromverbrauch nicht so großen Schwankungen unterliegt.
Das ist nun die witterungsbedingte Schwankung. Denn wenn nicht genügend Wind weht, dann können die Windkraftanlagen auch nicht genügend Strom produzieren.
Ganz deutlich fällt das auch bei den PV-Anlangen auf, welche über die gelbe Fläche dargestellt werden. Das sind die Schwankungen der regenerativen Energiequellen.
Da aber der Stromverbrauch nicht der gleiche Kurve folgt, wie die Produktion der regenerativen Anlagen, müssen die konventionellen Kraftwerke das Komplementär produzieren und einspeisen. Das bezeichnet man als Doppelpufferung.
Gut ist hier, dass man zu der Zeit, zu welcher die regenerativen Quellen Strom einspeisen, die fossilen Brennstoffe einspart und somit auch die entsprechende Menge an CO2. Was aber ganz wichtig ist: man spart nicht die konventionellen Kraftwerke ein. Diese kann man nicht einsparen, denn sie werden dann benötigt, wenn die regenerativen Quellen wetterbedingt nicht genügend Strom produzieren und einspeisen können.
Schauen wir uns dazu in der obigen Grafik ein paar Tage genauer an, was das konkret bedeutet:
Einspeisung der Erneuerbaren Quellen
Quelle | Menge in GWh | Tagesmenge in % |
Photovoltaik | 48,0 | 3,35 |
Wind (Onshore und Offshore) | 88,5 | 6,10 |
Biomasse | 105,0 | 7,25 |
Wasserkraft | 30,0 | 2,07 |
sonstige Erneuerbare | 4,5 | 0,3 |
Gesamt: | 276,0 | 19 |
Gesamteinspeisung (erneuerbar): 276 GW/h (19% des Tagesverbrauchs)
Einspeisung der konventionellen Kraftwarke
Quelle | Menge in GWh | Tagesmenge in % |
Erdgas | 223,0 | 15,39 |
Kohle (Stein- und Braunkohle) | 590,0 | 40,70 |
Kernenergie | 192,0 | 13,27 |
sonstige konventionelle Kraftwerke | 38,0 | 2,60 |
Gesamt: | 1.043,0 | 71,96 |
Gesamteinspeisung (konventionell): 1043 GWh => 72% des Tagesverbrauchs
Diese Zahlen sind doch sehr beeindruckend, denn sie sagen aus, dass am 03.11.2021 ca. 72% des benötigten Stroms über konventionelle Kraftwerke gedeckt wurde. Man sieht hier schon ganz klar, dass es sehr problematisch wird, wenn wir die konventionellen Kraftwerke vom Netz nehmen, denn das ist so ja geplant. Bis Ende 2022 werden die letzten Atomkraftwerke vom Netz gehen und bis 2030 auch die Kohlekraftwerke.
Wenn man nun überlegt, dass Deutschland seit dem Jahr 2000 dabei ist, den Strom regenerativ zu produzieren und an wetterungünstigen Tagen immer noch über 70% aus konventionellen Anlagen einspeisen muss, dann kann man sich ein ungefähres Bild davon machen, was in den nächsten Jahren bis 2030 noch vor uns liegt.
Wenn ich mit Leuten über die Volatilität der regenerativen Quellen spreche, dann kommt immer das Argument, das wir dann halt Speicher bauen müssen. Lassen Sie uns mal diesen Gedanken weiter verfolgen und wir rechnen mal durch, wie viele Speicher (Pumpspeicherkraftwerke) wir dafür benötigen würden, um den Strom, welchen am 03.11.2021 die konventionellen Kraftwerke eingespeist haben, über Pumpspeicherkraftwerke decken zu können:
Also Referenz nehme ich das Pumpspeicherkraftwerk Goldisthal:
Weiterführende Infos dazu finden Sie hier: https://powerplants.vattenfall.com/de/goldisthal/
Technische Daten des Pumpspeicherkraftwerks Goldisthal:
Wenn wir nun die Zahlen von weiter oben nehmen, dann wurden durch die konventionellen Kraftwerke 1043 GW/h am 03.11.2021 eingespeist. Schalten wir nun diese konventionellen Kraftwerke ab, so müssen wir die Leistung der konventionellen Kraftwerke durch Speicher ersetzen. Da das Pumpspeicherkraftwerk Goldisthal, welches das Größte in Deutschland ist, eine Energiemenge von 9 GW/h speichern kann, brauchen wir nur die 1043 GW/h entsprechend aufzuteilen:
1043 GW/h : 9 GW/h = 115,88 das entspricht also Rund 116 Pumpspeicherkraftwerken vom Typ Goldisthal.
Fassen wir nochmals zusammen:
Wenn wir die Energiemenge, welche am 03.11.2021 durch konventionelle Kraftwerke eingespeist wurden über Speicher einspeisen wollen, so würden wir 116 Mal das Pumpspeicherkraftwerk Goldisthal benötigen. Doch Stand 2022 haben wir dieses Pumpspeicherkraftwerk nur ein einziges mal und in ganz Deutschland haben wir Speicherkapazitäten von insgesamt 34 GW/h in Form von Pumpspeicherkraftwerken.
Alleine an diesem einen Tag sieht man, welche Probleme mit welcher Dimension wir in den nächsten Jahren lösen müssen, wenn wir die konventionellen Kraftwerke vom Netz nehmen wollen.
Bis jetzt hatte man das so gelöst, dass diese witterungsbedingten Flauten eben genau durch die konventionellen Kraftwerke überbrückt wurden. Nehmen wir diese Anlagen vom Netz, dann ist das eben nicht mehr möglich.
Kosten für diese Pumpspeicherkraftwerke
Da nun auch alles mit Geld zu tun hat, welche wir dann über die Stromrechnung bezahlen müssen, möchte ich noch einen Blick auf die Kosten richten, wenn wir diese 116 Pumpspeicherkraftwerke bauen würden.
Das Pumpspeicherkraftwerk Goldisthal wurde im Jahr 2003 fertiggestellt und verursachte damals Kosten in Höhe von 623 Millionen Euro. Um die von uns benötigten 116 Kraftwerke bauen zu können würden wir folgende Kosten verursachen:
623.000.000 Euro x 116 = 72.268.000.000 Euro.
Also würden wir diese 116 Pumpspeicherkraftwerke bauen, so würden Kosten in Höhe von 72,268 Milliarden Euro entstehen. Da sich die Preise aber auf das Jahr 2003 beziehen, werden diese noch wesentlich höher liegen.
Lassen Sie uns das nochmals reflektieren
Damit wir im Herbst Deutschland bei einer Windflaute mit Strom über Pumpspeicherkraftwerke versorgen können, müssten wir 116 Pumpspeicherkraftwerke vom Typ Goldisthal bauen und hätten Kosten in Höhe von 72,268 Milliarden Euro (bezogen auf die Baukosten aus dem Jahr 2003).
Und das ist nur ein Tag!!!!
Damit man einmal ein Gefühl davon bekommt, von welche gigantischen Speichermenge man spricht, möchte ich ganz kurz auf die Studie der EU verweisen. Denn die EU hat im Rahmen von eStorage eine Studie erstellen lassen, mit welcher man die maximal mögliche Speicherkapazität anhand von Pumpspeicherkraftwerken ermittelte. Und anhand eStorage hat sich eine maximal Speicherkapazität von ca. 3.000 GW/h ergeben. Und wir benötigen für einen Tag schon etwas über 1000 GW/h. Also um die Volatilität von einem Tag in Deutschland mit Pumpspeicherkraftwerke kompensieren zu können, benötigen wir 30% aller Pumpspeicherkraftwerke welche man in ganz Europa geologisch bauen könnte!!!
Bei den Pumpspeicherkraftwerken mussten wir feststellen, wie viele dieser Anlagen gebaut werden müssten und wie teuer das ganze werden würde, wenn wir das über Pumpspeicherkraftwerke lösen müssten.
Eventuell gibt es noch die Möglichkeit, diese Flaute in Form von Akkus zu lösen, welche zusammengeschlossen werden und somit ein virtuelles Kraftwerk bilden.
Unsere Annahmen:
Wie wir oben berechnet haben, müssen wir 1043 GW/h Strom über Speicher am 03.11.2021 bereitstellen. Der von uns angenommene Speicher hat eine Kapazität von 10 KW/h. Damit wir leichter rechnen können, verwenden wir MW/h.
Anzahl der benötigter Akkus für das Virtuelle Kraftwerk:
1.043 GW/h entsprechen 1.043.000 MW/h
10 KW/h entsprechen: 0,01 MW/h
1.043.000 MW/h : 0,01 MW/h = 14.300.000 Akkus
Das heisst, um die Flaute der regenerativen Energiequellen vom 03.11.2021 über ein virtuelles Kraftwerk kompensieren zu können, benötigen wir 14,3 Millionen Akkus mit einer Speicherkapazität von 10 KW/h.
Kosten für die Akkus im Virtuellen Kraftwerk:
Wir haben angenommen, dass so ein Akku 8.000 Euro kostet.
14,3 Millionen x 8.000 Euro = 114.400.000.000 Euro
Wir hätten also bei der Realisierung über ein virtuelles Kraftwerk Kosten in Höhe von ca. 114 Milliarden Euro und könnten dann die oben aufgetretene Flaute für einen Tag decken.
Bei dieser einfachen Rechnung sieht man ganz deutlich, dass auch das Virtuelle Kraftwerk nur einen begrenzten Beitrag zu Kompensation der Volatilität der regenerativen Quellen liefern kann.
Dabei spielt es keine Rolle, ob die Akkus speziell dafür angeschafft worden sind, oder ob man die Akkus verwendet, welche in den eAutos verbaut sind. Nun die Akkus in den eAutos haben eine größere Speicherkapazität, doch sie kosten auch einiges mehr.
Und wenn man das über die Akkus der eAutos umsetzen wollte, dann könnte man in unserem Beispiel mit all den beteiligten eAutos nicht fahren, denn die Akkus sind komplett leer und müssten wieder geladen werden.
Doch wenn man sich nochmals die 1. Grafik ins Gedächtnis ruft, dann sieht man, dass der Wind zwar ab dem 04.11.2021 wieder zunimmt, doch erst ab den 06.11.2021 hat man wieder genügend Wind um die Speicher zu laden.
Also es kommt dann noch hinzu, dass wir zum einen die Speicher zum Ausgleichen von Flauten brauchen und dann ist noch entscheidend, wann die regenerativen Quellen genügend Strom liefern, um den dann benötigten Stromverbrauch zu decken und dann noch zusätzlich den Strom zum Laden der Speicher bringen.
Der 03.11.2021 war ein windschwacher Tag und die PV-Anlagen liefern zu dieser Jahreszeit eh wenig. Doch schauen wir uns dazu einen windreichen Tag an. Am 07.11.2021 war am meisten Wind und somit auch die Einspeisung der Windkraftanlagen wesentlich besser als diese am 03.11.2021 der fall war.
Wenn wir uns den 07.11.2021 anschauen, dann sehen wir folgende Einspeisung der regenerativen Quellen über den gesamten Tag betrachtet.
Erneuerbare Energiequellen
Quelle | Menge in GWh | Tagesmenge in % |
Photovoltaik | 47,6 | 3,94 |
Wind (Onshore und Offshore) | 806,1 | 66,60 |
Biomasse | 105,3 | 8,70 |
Wasserkraft | 25,8 | 2,13 |
sonstige Erneuerbare | 3,8 | 0,31 |
Gesamt: | 984,5 | 81,48 |
Gesamteinspeisung (regenerativ): 984,5 GW/h was 81,48 % des Tagesverbrauchs entspricht.
Konventionelle Energiequellen
Quelle | Menge in GWh | Tagesmenge in % |
Erdgas | 70,7 | 5,84 |
Kohle (Stein- und Braunkohle) | 252,0 | 20,82 |
Kernenergie | 170,6 | 14,10 |
sonstige Konventionelle | 34,4 | 2,84 |
Gesamt: | 527,7 | 43,60 |
Gesamteinspeisung (konventionell): 527,7 GW/h was 43,6 % des Tagesverbrauchs entspricht.
Wenn wir uns nun diese Zahlen mit denen vom 03.11.2021 vergleichen, dann ergibt sich an ganz anderes Bild. Hier haben die regenerativen Quellen fast 82% des in Deutschland benötigten Stroms geliefert. Die konventionellen Kraftwerke haben hier 43,6% geliefert. Wenn man sich beide Werte anschaut, dann kommt man auf über 100%. Das liegt daran, dass wir am 07.11.2021 mehr Strom produziert haben, als wir benötigt hatten. Der überschüssige Strom wurde ins Ausland transportiert, da wir in Deutschland ja fast keine Speicher haben.
Es ergibt sich somit eine Überproduktion von 315,2 GW/h. Wenn wir berücksichtigen, dass wir in Deutschland Speicher in Form von Pumpspeicherkraftwerken mit einer Gesamtspeicherkapazität von ca. 34 GW/h haben, dann müssten wir die vorhandenen Pumpspeicherkraftwerke um den Faktor 10 erweitern um den in das Ausland abgegeben Strom speichern zu können.
Also wenn wir nun abschließend diese beiden Tage vergleichen, dann können wir erkennen, dass mit den regenerativen Quellen doch einiges zu erreichen ist. Das ganz große Prolem sind die Schwankungen und die fehlenden Speicher. Auch können wir hier schön sehen, um welche Dimension es sich bei den Schwankungen handelt und wie große die Speicher sein müssten.
Also im Moment kann Deutschland ohne die Speicher von Österreich und der Schweiz nicht mal einen Tag überbrücken, wenn nicht genügend Wind und Sonne für die regenerativen Quellen vorhanden ist.
Stand: 17.10.2023