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Hintergrundinformationen zum Thema Energie

Bundesrechnungshof zur Energiewende

Der Bundesrechnungshof hat am 07.03.2024 die 3. Analyse der Energiewende veröffentlicht. Auf den folgenden Seiten wollen wir die wichtigsten Themen darstellen.

Den Originalbericht finden Sie auf der Webseit des Bundesrechnungshofes.


Ausgangslage


Ziele der Energiewende

Das Ziel der Energiewende ist es gemäß §1 EnWG:

  • möglichst sichere
  • preisgünstige
  • verbraucherfreundliche
  • effiziente
  • umweltverträgliche
  • treibhausgasneutrale
  • leitungsgebunde Versorgung

der Allgemeinheit mit Elektrizität, Gas und Wasserstoff zu versorgen, welche zunehmen auf erneuerbaren Energien beruht.



Bisherige Empfehlungen des BRH

Bereits im Jahr 2018 und 2021 hatte der BRH darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung die Energiewende in Hinblick auf die Ziele der Versorgungssicherheit, und Bezahlbarkeit bei Elektrizität weiterhin unzureichend steuert.

Es wurde darauf hingewiesen, dass keine Worts-Case Szenarien berücksichtigt werden.



Prüfungsanlass

Die Energiewende hinkt ihren Zielen weit hinterher und zugleich ist es eine große gesamtgesellschaftliche Herausforderung.
So sieht das ifo Institut die Gefahr eines erheblichen Wohlstandsabflusses ins Ausland.
Anhand einer Umfrage der IHK betrachten deutsche Unternehmen die Energiewende zunehmend skeptisch und planen immer öfter Produktionsverlagerungen ins Ausland.
Die Krieg in der Ukraine zeigt Schwachpunkte und weitere Herausforderungen der deutschen Energieversorgung.


Gesetzesänderungen und Strommarkt


Beschleunigung der Energiewende

Die Bundesregierung hat Maßnahmen verabschiedet um die Energiewende voran zu treiben. Sie sollen nicht nur zum Klimaschutz beitragen, sondern insbesondere die Importabhängigkeit bei fossilen Brennstoffen verringern.



Punkte aus dem Osterpaket 2022

  • Ausbauziele der erneuerbaren Energien auf 80% des Bruttostromverbrauchs im 2030 festgelegt. Dabei unterstellt die Bundesregierung - insbesondere aufgrund der zunehmenden Elektrifizierung in den Sektoren Verkehr und Wärme - einen um 33% auf 750 TWh gestiegenen Bruttostromverbrauch (im Jahr 2021: 565 TWh). Dabei leitet sich eine geplante Erzeugungsleistung für Windenergie und PV von insgesamt 360 GW im Jahr 2030 ab (Installierte Leistung Ende 2023: 151,1 GW)
  • Der Grundsatz verankert, dass die Nutzung der erneuerbaren Energien im übertragenen öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient. Damit hat der Ausbau der EE in der Abwägung mit anderen Schutzgütern grundsätzlich Vorrang, bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausgasneutral ist. (§2 EEG)



Europäischer Strombinnenmarkt

Deutschland ist Bestandteil des europäischen Strombinnenmarktes. Dieser soll zu niedrigeren Preisen sowie zu mehr Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit der Stromversorgung führen.

Voraussetzung dafür ist aber, dass die europäischen Mitgliedstaaten ihre Erzeugungskapazitäten und Netze hinreichend dimensionieren und ihre Ziele fristgerecht umsetzen.

Deutschland exportiert manchmal Strom ins Ausland und importiert aber auch welchen. Durch die Abschaltung der AKW und Teile der KKW ist der Nettoimport nach Deutschland häufiger und umfangreicher gestiegen. Deutschland könnte dauerhaft zum Nettostromimporteur werden.

Deutschland wurde im Jahr 2023 zum Nettostromimporteur


Deutschland - Stromnettoimporteur Quelle: Bundesrechnungshof - Entwicklung Stromimport Deutschland



Sicherheit der Stromversorgung

Eine sichere Versorgung mit Strom aus volantielen erneuerbaren Energien erfordert, dass parallel ein weitgehend redundantes System mit gesicherter, steuerbarer Leistung verfügbar ist. Ausserdem ist ein erheblicher Ausbau der Stromnetze nötigt. Jedoch

  • ist absehbar, dass insbesondere der Ausbau von Windenergie an Land nicht im gesetzlich festgelegten Umfang erreicht wird.
  • kann das BMWK seinen Zeitplan zum Zubau gesicherter, steuerbarer Backup-Kapazitäten mit dem KWS voraussichtlich nicht einhalten. Die Ausgestaltung eines Kapazitätsmechanismus ist noch offen. Damit ist nicht sichergestellt, dass die erforderlichen Backup-Kapazitäten rechtzeitig verfügbar sind.



Rückstand beim Netzausbau

Aktuell liegt der Netzausbau erheblich hinter der Planung zurück. Der Rückstand beträgt mittlerweile 7 Jahre und ca. 6.000 Kilometer.

Stand: Ende 2023



Nur Best-Case Annahmen

Obwohl wir aktuell schon mit einigen Parametern hinter der Planung liegen, geht das BMWK immer vom Best-Case aus. Es fehlen Frühwarnsysteme und die unterschiedlichen Eintrittwahrscheinlichkeiten.



Geplanter erheblicher Ausbau von volatilen Kraftwerken

Der Ausbau von PV und WKA basiert auf volatilen Kraftwerken, welche tags- und jahreszeitlichen sowie wetterbedingten Schwankungen unterliegen. Eine gesicherte Leistung stellen sie nicht oder nur im geringen Umfang zur Verfügung.



Backup-Kraftwerke

Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, hat das BMWK im Februar 2022 eine KWS angekündigt und den Zubau von Backup-Kraftwerken geplant. Diese Backup Kraftwerke basieren auf Wasserstoff, Bioenergie und Gaskraftwerken.



Flexible Lasten und Speicher

Sollen auch zur Versorgungssicherheit beitragen. Doch es gibt hier technische Restriktionen und eine längere Dunkelflaute kann dadurch nicht ausgeglichen werden.
Geringe gesicherte Leistung bei PV und WKA.



Gesicherte Leistung unterschiedlicher Energieträger Gesicherte Leistung von PV, WKA und konventioneller Kraftwerke. Quelle: Bundesrechnungshof




Ausbau der erneuerbaren Energien

  • Installierte elektrische Erzeugungsleistung der EE von 2015 bis 2022: von 204,9 auf 247,3 GW
  • Installierte installierte Erzeugungsleistung der EE von 97,7 bis 150,4 GW
  • Reduzierung der gesicherten Leistung und steuerbarer konventioneller Anlagen von 107,1 auf 96,9 GW



Entwicklungen im Jahr 2023

Die im Jahr 2023 zugebaute Leistung:

  • bei PV betrug 14,1 GW, die installierte Gesamtleistung am Jahresende 81,7 GW
  • von Windenergie an Land betrug 2,9 GW, die installierte Gesamtleistung am Jahresende 60,9 GW.
  • bei Windenergie auf See betrug 0,3 GW, die installierte Gesamtleistung am Jahresende 8,5 GW.



Somit müssen ab 2024 jährlich zugebaut werden:


  • bei PV 19 GW um das Ausbauziel von 215 GW im Jahr 2030 zu erreichen
  • bei Windenergie an Land 7,7 GW um das Ausbauziel von 115 GW im Jahr 2030 zu erreichen
  • bei Windenergie auf See 3,1 GW um das Ausbauziel von 30 GW im Jahr 2030 zu erreichen.



2023 stellte das BMWK fest - Zubaudynamik nicht ausreichend

Anfang 2023 stellte das BMWK fest, dass die Zubaudynamik bei weitem nicht ausreiche, um die Ziele 2030 erreichen zu können.



2023 WKA Ziel nur zu 50% erreicht

Der Zubau wird durch die Ausschreibungen der BNetzA bestimmt. Für WKA an Land wurden 12,84 GW ausgeschrieben, jedoch nur 6,38 GW realisiert. Das sind 50%



Nicht erreichtes Ausbauvolumen - im Folgejahr nachholen

Das EEG 2023 legt fest, dass das im Vorjahr nicht vergebene Ausschreibungsvolumen dem Folgejahr zugeschrieben wird. Somit erhöht sich das auszuschreibende Volumen im Jahr 2024 von 10 GW auf 16,46 GW (+ 65%).
In der Bekanntmachung für den Gebotstermin 01.02.2024 hat die BNetzA diese zusätzliche Menge nicht berücksichtigt.



Neuen WKA nur zu Hälfte vergeben

Die BNetzA konnte im Jahr 2023 von den gesetzlich vorgesehenen 12,84 GW WKA an Land nur 6,38 GW vergeben. Damit steigt das Ausschreibungsvolumen im Jahr 2024 um die nicht vergebenen 6,46 GW auf 16,46 GW (+ 65%).


Nicht erreichte Ausbauziele - im Folgejahr nachholen Nicht erreichte Ausbauziele - im Folgejahr nachholen: Quelle: Bundesrechnungshof




Kraftwerksstrategie 2026

Im Februar 2022 wurde ein Zubau im Rahmen der Kraftwerksstrategie (KWS) ein Zubau gesicherter, steuerbarer Erzeugungsleistung aus Wasserstoff-, Bioenergie- und Gaskraftwerken angekündigt. Gesicherte steuerbare Erzeugungsleistung ist notwendig, um die Schwankungen der Erneuerbaren Kraftwerke zu kompensieren. Diese Backupkraftwerke dienen der Versorgungssicherheit und springen dann ein, wenn die EE nicht oder zu wenig liefern.

Im August 2023 kündigte das BMWK an, im Zuge der KWS neue Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von 23.8 GW ausschreiben zu wollen:

  • Kraftwerke mit 8,8 GW Gesamtleistung, die von Beginn an mit Wasserstoff betrieben werden
  • Kraftwerke mit 15 GW Gesamtleistung, die vorübergehend mit Erdgas betrieben und später auf Wasserstoff umgestellt werden können.

Die Ausschreibung für Wasserstoff-ready-Gaskraftwerke erfordert die beihilferechtliche Genehmigung durch die EU-Kommission.



Netzausbau

Die netzseitige Versorgungssicherheit hängt insbesondere vom Ausbau der Stromnetze ab. Es wird zwischen Übertragungsnetzen und den Verteilnetzen unterschieden.


Übertragungsnetze

Aktuell enthalten das Gesetz zum Ausbau von Energieleitungen und das Gesetz über den Bundesbedarfsplan Vorhaben zum Ausbau der Übertragungsnetze an Land von insgesamt 13 984 Leitungskilometern. Bis zum Ende des dritten Quartals 2023 wurden 2 695 Leitungskilometer bzw 19,3% fertiggestellt.

Zum 30. September 2023 ergibt sich zur ursprünglichen Planung ein Zeit- und Ausbauverzug von sieben Jahren und 6 000 Kilometern.


Ziele für Netzausbau weit verfehlt


Quelle: Bundesrechnungshof


Ende September 2023 lag der Ausbau der Übertragungsnetze sieben Jahre und 6 000 Kilometer hinter dem Zeitplan.


Im Juni 2023 veröffentlichten die Übertragungsnetzbetreiber den zweiten Entwurf des Netzentwicklungsplans. Dieser NEP (2037/45) weist bis zum Jahr 2045 eine Zubau an Land und auf See von 25 723 Kilometer aus.



Verteilnetze

Für die erforderliche Verstärkung der Verteilnetze erwarten die Verteilnetzbetreiber, dass sie 93 136 Kilometer Leitungen bis zum Jahr 2032 verstärken, optimieren, neu bauen oder ersetzen müssen.